2014/03/03

Heldensturz: No SD Card

Wenn diese Anzeige trotz eingelegter
Speicherkarte erscheint...
Leider komme ich nicht umhin, anhand meiner praktischen Erfahrung festzustellen, dass die von GoPro mit der HD Hero 3 Black Edition ausgelieferte Firmware alles andere als wirklich zuverlässig ist. Dabei bin ich sehr vorsichtig: niemals den Akku komplett leerlaufen lassen, die Kamera immer ordnungsgemäß ausschalten, bevor ich die Karte herausnehme, und so weiter. Die GoPro Firmware hat mir nun zum Dank dafür schon zum dritten Male das Dateisystem auf einer microSD-Karte sauber geschrottet. Mit einfachen Bordmitteln ist hier leider nichts mehr zu machen ... aber dieses Mal habe ich nun immerhin einen gangbaren Rettungsweg gefunden...


Heldensturz


Am Wochenende am Plansee: abends, beim Einlegen der microSD-Karte mit den Aufnahmen vom Tag in mein Tablet die unangenehme Überraschung ... kein Dateisystem mehr. Hier hieß es, einen kühlen Kopf zu bewahren und die Karte aus dem Tablet zu entnehmen, ohne sie versehentlich zu formatieren. Mit einer gewissen Verärgerung über GoPro und schlampige Qualitätskontrolle bei der Firmware packte ich die verunfallte microSD-Karte erst einmal sicher zur Seite und hakte das Thema vorläufig ab.

Wieder zu Hause angelangt, wollte ich bei diesem dritten Mal nicht einfach kampflos die Segel streichen. Und in der Tat: nach ein paar erfolglosen Versuchen hatte ich schließlich doch noch Erfolg, und konnte den Großteil des Videomaterials retten. Dazu musste ich allerdings zwei verschiedene Reparaturprogramme kombinieren:
  • Zum Auslesen der Videodateien gibt es zwei Möglichkeiten:
    • CardRecovery (kommerziell) für Windows der amerikanischen Software-Firma WinRecovery Software.
    • PhotoRec (kostenfrei, Open Source) für Linux, Windows, ...
  • Zum Reparieren der Videodateien konnte ich danach erfolgreich die Video Repair Software der deutschen Software-Firma Grau GmbH Hardware & Software Solutions einsetzen.


1. Retten der Videodateien ohne lesbares Dateisystem


Zunächst einmal muss die Speicherkarte selbst noch (halbwegs) ordnungsgemäß funktionieren. Ist das nicht der Fall, dann ist hier leider im Normalfall schon vorzeitig Schluss. Da ich es hier sehr wahrscheinlich mit einer Fehlfunktion der GoPro Firmware zu tun hatte, bei der das Dateisystem zwar überschrieben, die Videodateien jedoch mehr oder weniger intakt bleiben, sah' ich noch eine realistische Chance auf ein erfolgreiches Auslesen. Das geht beispielsweise mit den beiden folgenden Programmen...

CardRecovery (Kommerziell: Windows)


Rettung auch ohne Dateisystem: CardRecovery.
Wer für das bequeme Retten der Videodateien ein paar Euros auszugeben bereit ist, der findet in CardRecovery eine sehr einfach zu bedienende Rettungs-Software. Diese kann sowohl Foto- als auch Videodateien auch ohne Dateisystem-Informationen noch identifizieren, solange sie nicht zu sehr verstümmelt wurden.

Man wählt einfach das Laufwerk mit der verunfallten Speicherkarte aus sowie eventuell das Gerät, das die Speicherkarte befüllt hatte. Danach wählt man die zu rettenden Dateiarten aus (Foto-, Video- sowie Audiodatein) und schließlich noch, wohin die geretteten Dateien gespeichert werden sollen. Danach übt man sich in Geduld, während das Programm die Speicherkarte durchkämmt.

Man kann die Software zunächst kostenlos testen: hierbei fehlt lediglich die Möglichkeit, die geretteten Dateien schlussendlich abspeichern zu können. Es gibt in jedem Fall eine Vorschau ... die jedoch gerade bei Protune Videomaterial nutzlos ist. Weder der Microsoft Medienspieler kann Protune Videomaterial abspielen (kann der überhaupt irgendetwas abspielen?), noch der von CardRecovery selbst mitgebrachte Abspieler. Deshalb musste ich dann auf Verdacht meine Lizenz kaufen, hatte aber Glück, dass CardRecovery die Dateien tatsächlich korrekt von der verunfallten microSD-Karte auslesen konnte.

Allerdings bleibt bei CardRecovery der Wermutstropfen, dass es die GoPro-Videodateien zumindest im Fall Protune zwar wiederherstellen, aber nicht reparieren kann. Es muss also noch ein Reparaturprogramm nachgeschaltet werden, aber dazu später mehr.

PhotoRec (FLOSS: Linux, Win, ...)


Für die Spartanischen: Rettung in der Konsole.
Wer Geld sparen will oder muss und sich auch mit einer spartanischen Textoberfläche zufrieden geben kann, der findet mit PhotoRec eine kostenfreie Open-Source-Software, unter anderem für Windows, Linux, und weitere. Man sollte sich vom Namen dieses Tools nicht irreführen lassen, denn PhotoRec rettet auch Videodateien in diversen Formaten. Überhaupt kann PhotoRec außerdem noch diverse andere Dateiformate erkennen, die allenfalls im weitesten Sinne mit Foto- und Videodateien zu tun haben.

Mit PhotoRec hatte ich ebenfalls Erfolg, meine Videodateien von der verunfallten microSD-Karte auszulesen. Allerdings hat PhotoRec dabei trotz aller Vorsicht auch schon einmal zwei Videodateien zu einer zusammen gefasst. Das ist zwar nicht allzu tragisch, aber unschön.


2. Videodateien reparieren


So, die Videodateien konnte ich also von der verunfallten microSD-Karte herunter retten. Nun stand ich vor dem nächsten Problem: kein Abspieler wollte die Dateien abspielen. Also das Geld für nix ausgegeben? Nach einer kurzen weiteren Recherche kristallisierte sich heraus, dass gerade H.264-Material sehr empfindlich auf durcheinander geratene Informationen reagiert.

Eine bei einem kommerziellen Anbieter testweise hoch geladene kurze verunfallte Videodatei ergab dann tatsächlich korrekte Vorschaubilder ... also war eine Reparatur ganz offensichtlich in Reichweite! Angesichts der Preise dieses Anbieters war dieses Angebot jedoch nichts für meine Belange.

.mp4 und .mov-Videodateien reparieren.
Allerdings stieß ich bei meiner weiteren Suche zum Glück rasch auf eine Video Repair Software der deutschen Software-Firma Grau. Deren Software kann zwar nur mit .mov und .mp4-Videodateien umgehen, aber genau das brauchen wir ja! Dem Programm wirft man sowohl eine verunfallte sowie eine heile Videodatei vor: beide werden analysiert ... und am Ende kommt doch tatsächlich eine reparierte Videodatei heraus, die sich dann wieder mit normaler Software ansehen und weiterverarbeiten lässt. Sowohl die Videodaten als auch der Ton wurden dabei einwandfrei wieder hergestellt. Das begeistert mich selbstverständlich.

Die Software kann auch mehrere Videodateien in einem Durchgang reparieren. Das ist eine sehr nützliche Funktion, wenn man so wie ich viele kürzere Videodateien filmt. Zunächst sollte man aber erst einmal an einer einzelnen Videodatei überprüfen, ob die Reparatur überhaupt gelingt.

Dazu bietet die Firma Grau ihre Software als Testversion an: diese repariert nur die Hälfte einer Videodatei, eignet sich aber damit gut dazu, den Erfolg erst einmal sicherzustellen. Als das bei mehreren meiner Videodateien funktionierte, habe ich gerne den Preis für eine Software-Lizenz bezahlt.

Fazit


Letztlich konnte ich mit vergleichsweise moderatem zeitlichem Aufwand fast alle Videodateien erfolgreich retten. Bei zwei Dateien gelang dies nicht, dafür fanden sich noch drei alte Probeaufnahmen von meinem Test des Trockenmittels. Mit 14 geretteten Videodateien mit einer Gesamtgröße von 2,9GB ist meine Bilanz durchweg positiv. Da fallen mir wieder die prophetischen Worte eines c't-Redakteurs ein, der vor mehr als einer Dekade einmal sinngemäß schrieb, dass moderne Speicher ihre Erinnerung schon einmal verlieren und dafür aber Sachen behalten, die sie schon längst vergessen haben sollten...

Negativ ist hingegen meine Bilanz in Sachen Qualitätssicherung bei GoPro. Angesichts solcher Probleme, die ich weder mit meiner HD Hero 1 oder Hero 2 hatte, hat GoPro noch eine Menge Hausaufgaben zu erledigen. Zwar waren die Heros der Generationen 1 und 2 von deutlich mehr Abstürzen geplagt, die aber immer meine SD-Karten heil ließen: ich hatte nie einen Datenverlust. Im Vergleich dazu hatte ich nun schon drei Verluste innerhalb eines Jahres mit meinen HD Hero 3.

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