2014/05/02

GonePro Teil 1: Kanone mit kecker Krake

G30 Kanone mit kesser Krake
Inzwischen ist für meine neue Videokamera vom Typ Canon LEGRIA HF G30 auch das passende Tauchgehäuse von Ikelite eingetroffen. Die Kanone hat also nun eine kecke Krake als Begleiter.

Aber wie schlägt sich das neue Gespann aus Kanone und Krake denn nun so in der Unterwasser-Praxis? Zeit also für einen ersten Erfahrungsbericht frisch aus dem Happurger Baggersee...



Kanonenkrake statt Anti-Helden


Eigentlich war ich ja mit meinen Fixfokus-Brühwürfeln ganz zufrieden. Einfach nur ausrichten und filmen, was dank des Rückwanddisplays ganz leidlich funktioniert. Und seit der GoPro HD Hero 3 Black Edition war das Bildrauschen des Bildsensors so vergleichsweise gering, dass sich dank Protune der Weißabgleich komplett ausschalten ließ (wobei zugleich die interne Entrauschung leider auch abgeschaltet wird). Das war die beste Idee, die GoPro meiner Meinung nach in all den Jahren zuwege gebracht hat. Deshalb habe ich auch über viele Fehler der Heros hinweg gesehen.

Nach mehrfachen Datenverlusten habe ich die Markenbotschaft von GoPro aber dann endlich ernst genommen und mich zuverlässiger funktionierenden Videokameras zugewendet. Was helfen 2.7K und Drölfmillionen Pixel, wenn das Dateisystem im unpassenden Moment wieder einmal geschreddert wird? Und keine Speicherkarte diesen Anti-Helden gerecht zu werden vermag?

Gleich von mehreren Bekannten kam ob meines Umstiegs prompt sinngemäß gleichlautendes verbales Schulterklopfen dafür, dass ich das GoPro-Spielzeug mit seiner Plastik-Optik nun endlich beiseite gelegt habe und mich qualitativ deutlich höherwertigem Gerät in Form einer Canon HF G30 zuwende: mit leistungsfähiger Optik, einem kombiniert mechanischem und elektronischem Bildstabilisator sowie etwas größerem Bildwandler bezogen auf die Pixelzahl.

Polycarbonat-Krake


Wie bereits im vorherigen Blogeintrag zu diesem Thema angedeutet, ist die Auswahl an Tauchgehäusen für Videokameras erstaunlich eingeschränkt. Wer zudem so wie ich beim Weißabgleich eingreifen will, dem bleibt kaum noch Auswahl. Sony hat bis hin in den Prosumerbereich keine Kamera, die manuelle Eingriffe ermöglicht. Für die qualitativ interessanten Panasonics gibt es wahlweise kein erschwingliches Tauchgehäuse oder aber der Weißabgleich bleibt unzugänglich. JVC ist ebenfalls funktional leider unter Wasser arg eingeschränkt.

Somit fiel meine Wahl deshalb auf die Canon HF G 30. Dazu passend
habe ich mich für ein Tauchgehäuse der Firma Ikelite entschieden: das Modell #6086 für die HF G30 (sowie XA20 und XA25). Es ist ein klassisches Ikelite-Gehäuse, ganz im typischen Design der Firma. Da der Joystick der Canon HF G30 beim Ikelite-Gehäuse zumindest für rauf/runter herausgeführt ist, kann ich auch noch unter Wasser ein paar Einstellungen während des Tauchgangs vornehmen.

Canon HF G30 mit Ikelite #6086 Tauchgehäuse. Und elektronischem Zusatz-Sucher.

Ich gestehe, dass die neue Filmkanone in ihrem Tauchgehäuse in der Tat ein ganz anderes Kaliber ist. Sind die HD Heros klein und schnuckelig, so trieft die neue Ausrüstung nur so vor Seriosität. Leider fehlen die Nadelstreifen. Aber die Fische guggn schon viel ehrfürchtiger in das große Bullauge vor ihnen. Eine richtige Wallerkamera.

Dafür erlaubt die vielfach größere Optik der Canon HF G30 auch eine deutlich bessere Bildqualität. Anstatt meine Motive irgendwo auf der 2.7K Pixel Breitwand suchen und finden zu müssen, ermöglicht es das 20fach Zoom mit einer Brennweite von rund 28mm bis 570mm, die Motive zu filmen, ohne sie dazu erst gegen die Frontscheibe der GoPro klatschen zu müssen. Dafür wird das Zielen schwieriger, mit dem Fischauge der Heros konnte man das Motiv eigentlich kaum verfehlen, beim Tele der HF G30 ist das ganz anders.

Ich bin gespannt, ob sich meine Vermutung dann auch in der dauerhaften Praxis umsetzen lässt, dass mit dem 20fachen Zoom der G30 eine Makrolinse nicht unbedingt notwendig ist und ich auch ohne dieses Zubehör gute Detailaufnahmen filmen kann. Meine ersten Erfahrungen im Happurger See sowie im Rothsee bestätigen meine Vermutung. Doch dazu unten mehr. Allerdings ist das Stillhalten trotz Bildstabilisator auch unter Wasser nicht gerade einfach, wenn es mehr in Richtung Tele geht.

Ikelite baut seine Tauchgehäuse grundsätzlich nur aus Polycarbonat. Das sieht zwar für den Geschmack mancher Zeitgenossen nicht so überprofessionell wie ein Metallgehäuse aus ... glänzt dafür aber durch seine Robustheit. Zudem sieht man Probleme mit der Dichtigkeit einfach und hoffentlich rechtzeitig.

Langer Filmspaß ohne Kartensalat


Das Gehäuse bietet selbst dem größten für die G30 passenden Canon-Akku vom Typ BP-828 Platz. Der BP-828 reicht für gute drei bis hin zu vier Stunden des Videografierens, bevor man das Tauchgehäuse wieder öffnen muss. Das entspricht drei bis vier GoPro HD Hero 3 Black Editions.

Wenn man die beiden Kartensteckplätze dann noch mit jeweils einer 32GB SD-Karte der Klasse 10 bestückt, muss man sich auch im Hinblick auf genügend freien Restspeicher in aller Regel keine Gedanken mehr machen. Auch hier zeigt sich die um Größenordnungen bessere Qualität bei Canon im Vergleich zu GoPro: selbst meine alten SanDisk Ultra SD-Karten werden klaglos mit 35MBit pro Sekunden beschrieben, wie durch etliche Stunden Aufnahmepraxis glasklar nachgewiesen ist. Die GoPro Heros wären hierbei schon mehrfach verreckt, falls es überhaupt eine Speicherkarte gibt, die die geheimen Anforderungen dieser Kamerawürfel erfüllen.

Das nahtlose Umschalten von einer zur anderen Speicherkarte muss man bei der Canon HF G30 allerdings erst explizit einschalten. Alternativ sichert die HF G30 stattdessen auf Wunsch das Videobild parallel auf beide Speicherkarten gleichzeitig. Leider geht das aber nur im jeweils gleichen Format. Hochbitraten-Video sowohl in AVCHD als auch MP4 wird leider nicht unterstützt. In dieser Situation kann lediglich ein Videobriefmarke parallel als MP4 mitgeschrieben werden.

Guss fast mit Auftrieb


Anhand der Produktfotos auf den Ikelite Webseiten war ich zunächst der irrigen Annahme, dass die Bodenschiene samt Handgriffen aus einfachem Plastik bestehen. Wer Ikelite kennt, darf sich ruhig mit mir über mein Unwissen amüsieren. Tatsächlich verbaut Ikelite hier beim Tauchgehäuse #6086 (wie auch bei einer Reihe von weiteren Gehäusen) Gusseisen. Das ist auch dringend angeraten, wie ich noch lernen sollte.

Das Gehäuse samt Schiene und Griffen selbst wiegt übrigens ziemlich genau 3kg in der hier gezeigten Basiskonfiguration, mit eingebauter Kamera sind es dann 3,9kg. Wer nun aber gleich zu einem Satz Auftriebskörper zu greifen gedenkt, sollte seine Hände lieber erst einmal bei sich behalten. Rein rechnerisch besitzt das Gehäuse rund 3,6kg Auftrieb im Süßwasser.

Gusseiserne Bodenschiene samt Gussgriffen ... für die Waller-Abwehr?

Ikelite selbt gibt auf ihren Webseiten sowie im Handbüchlein zum Tauchgehäuse #6086 an, dass dieses selbst noch in Salzwasser leichten Abtrieb hat.

Das stimmt auch mit meinen Praxistests im Freiwasser im Happurger Baggersee und im Rothsee überein. Allerdings neigt das System dazu, über die Achse der Trageschiene nach hinten kippen zu wollen. Der Schwerpunkt liegt also etwas hinter der Trageschiene. Eine manuelle Feintrimmung sollte man also besser noch vornehmen, sofern man die leichte Hecklastigkeit so wie ich nicht mag. Eine GoPro HD Hero 3 als elektronischer Sucher ist leider nur ein kleiner Ballast sein...

Guggst Du oder suchst Du...?


Um Unterwassermotive ordentlich in den Kasten zu bekommen, stehen sowohl der elektronische Sucher der Canon HF G30 als auch das seitliche OLED-Klappdisplay zur Verfügung.

Nachdem der elektronische Sucher der G30 mit rund 1,6 Millionen Pixeln eine ordentliche Auflösung bietet, sollte er sich auch unter Wasser hoffentlich bewähren. Er ist dank dieser Auflösung alles andere als eine Notlösung. Die Rückwand des Ikelite-Gehäuses ist so konstruiert, dass man den elektronischen Sucher gerade soweit herauszieht, dass er eingeschaltet wird. Wer den Sucher nicht mag, lässt ihn stattdessen eingefahren, kann ihn dann aber unter Wasser auch nicht mehr bei Bedarf nutzen. Ikelite verbaut eine Vergrößerungslinse in der Gehäuserückwand, so dass der Blick in den Sucher etwas erleichtert wird.

Wahrscheinlich aus Platzgründen, aber auch aus Auftriebs- und Konstruktionsgründen bleibt das Klappdisplay seitlich angeklappt. Damit es für den Taucher trotzdem ohne den Kopf zu verrenken einsehbar ist, klebt Ikelite einen Klappspiegel seitlich an das Gehäuse. Der Spiegel wird zum Filmen so ausgeklappt, dass man das seitliche Display im Spiegel von hinten einsehen kann. Zum Transport klappt man den Spiegel einfach wieder ans Gehäuse.

So gut diese Idee in der Theorie ist, sie scheitert in der Praxis leider am verfügbaren Bauraum. Die Hände am Griff müssen ja irgendwo hin ... und zwar genau dorthin, wo der Spiegel ausgeklappt werden muss, um das Display vollständig einsehen zu können. Damit die Hände Platz haben, muss der Spiegel also teilweise eingefahren bleiben, so dass das Display nicht mehr mit einem Blick vollständig zu erfassen ist. Bei meinen Tauchgängen hat sich der Effekt als weniger störend gezeigt, als befürchtet, weil die Gehäusewand im Wasser eine leicht fokussierende Wirkung hat. Auch reicht der Abstand zwischen Spiegel und Griffen zumindest für meine behandschuhten Finger aus.

Außerdem hätte ich den Spiegel leicht geneigt, damit ich von schräg oben das Display einsehen kann. So ist die Kamera nämlich leichter zu halten. Jetzt muss ich die Kanone immer auf Augenhöhe hieven.

Eine weitere unglückliche Eigenschaft der Spiegel-Konstruktion ist, dass das Bild natürlich horizontal gespiegelt ist. Zwar erlaubt es die Canon-Firmware, das Videobild des Klappdisplays horizontal zu spiegeln ... spiegelt jedoch nicht die Einblendungen wie Menüs. Und dann wird der Spiegel nur aktiviert, wenn das Display nach vorne geklappt ist und auch dorthin zeigt. Autsch. Unter Wasser also wirkungslos. Himmelnochmal!

Allerdings muss man Canon zugestehen, dass sie die Kamera nicht für Taucher entwickelt haben, sondern für die üblichen Verdächtigen, wie überstolze Eltern nerviger Göhren und Hochzeitsdokumentaristas.

In Sachen Display würde ich deshalb gerne ein kleines zusätzliches Display im Gehäuse an einer gut einzusehenden Stelle haben. Dieses Zusatzdisplay würde beispielsweise per HDMI oder Composite-Anschluss mit der Kamera verbunden. Ein separater Akku könnte hierbei das Display mit der benötigten Energie versorgen. Platz wäre ja da!

Feintuning für den Joystick


So praktisch der Vierwege-Joystick der Canon HF G30 auch ist ... er ist eine fummelige Angelegenheit. Wahrscheinlich aufgrund von Fertigungstoleranzen bei den G30 funktionierte bei mir die Bedienung des Joysticks durch das Gehäuse hindurch nicht zuverlässig.

Ein bisschen Feintuning ist nötig, damit der Joystick der G30 bedienbar wird.

Zwar konnte ich den Cursor nach unten bewegen, nach oben ging's jedoch nicht. Zum Glück konnte ich das Problem jedoch mit zwei dicken Schichten selbstklebender Streifen lösen. Damit wird der Joystick nun geringfügig anders gegriffen, so dass sich nun der Cursor auch nach oben bewegen lässt.

Wichtig! Leider erfordert ausgerechnet das Funktionsmenü mit seinen drei Reitern die links/rechts-Tasten oder ein Berühren des Touch-Displays. Man muss also vor dem Verschließen des Tauchgehäuses sicherstellen, dass man alle Kameraeinstellungen wie Aufnahmeart und dergleichen mehr korrekt eingestellt hat. Unter Wasser ist der Zugriff leider verbaut.

Schade finde ich schließlich noch, dass Ikelite die Chance vergeben hat, die beiden programmierbaren Funktionstasten 1 und 2 auf dem Klappdisplay zugänglich zu machen. Sie wären seitlich angeordnet und trotzdem recht gut zu erreichen.

Erleuchtete Krake


Bisher fehlt noch etwas sehr Wichtiges an der neuen Kamera: ordentliches Licht! Geeignete Lampen hatte ich mir zum Glück bereits vor einiger Zeit für meine GoPro HD Heros besorgt. Diese erweisen sich auch für die neue Ausrüstung als enorm hilfreich.


Um meine bewährten LED-Lampen Sola 2000F an die Handgriffe des Ikelite-Gehäuses montieren zu können, sind zusätzlich die folgenden Teile jeweils in doppelter Ausführung erforderlich:
  1. Adapterstücke für die Handgriffe der Video-Tauchgehäuse von Ikelite, beispielsweise von H2o-Tools (Bezugsmöglichkeit). Apropos: wann lernt H2o-Tools eigentlich, dass Gussteile schlicht aufgrund ihrer Herstellungsweise prinzipiell deutliche Fertigungstoleranzen aufweisen? Das Adapterstück hat offensichtlich ein Mikrometer-Fetischist entworfen, bar jeder Sachkenntnis in Konstruktionslehre. Vermutlich hängt diese seltsame Genauigkeit mit den direkt daneben liegenden Gewindebohrungen zusammen. Also musste die Feile ran, damit das Adapterstück wirklich in den vorgesehenen Sitz an der Oberseite des Handgriffs hineinpasst.
  2. Kugeladapter 25mm von I-Divesite (Bezugsmöglichkeit). Ab dann geht es wieder wie bisher bei meiner kleinen GoPro-Schiene mit einer Klammer für Kugelköpfe weiter.
Damit habe ich jetzt auch gleich von Anfang an gutes Licht für die ersten Probeläufe im Freiwasser. Meine ersten Erfahrungen mit der Canon HF G30 sowie dem Ikelite-Gehäuse beschreibe ich im zweiten Teil dieses Blogartikels.

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