2014/05/02

Protune unter Wasser: Kontrast-Krampf

Seinerzeit habe ich in einem Einführungs-Artikel über Protune erklärt, dass GoPro dazu eine S-förmig gekrümmte Tonwertkurve für die drei Farbkanäle benutzt. Die Idee dahinter ist, damit den gesamten Kontrastumfang zu erweitern, der sich in einem ganz normalen H.264 Videodatenstrom hinterlegen lässt. Eigentlich ja eine gute Idee ... allerdings nicht immer...


Protune: grundsätzlich besser?


Der Auslöser dafür, einmal genauer hinzuschauen, war der scheinbar etwas unbefriedigende Kontrastumfang meiner Testvideos frisch aus der Canon HF G30. Aber in Wirklichkeit war ich die ganze Zeit von dieser GoPro Protune-Idee leicht benebelt und voreingenommen. Als ich dann jetzt einmal das Unterwasser-Videomaterial aus meiner GoPro HD Hero 3 Black Edition mit dem Material aus meiner Canon HF G30 etwas genauer verglichen habe, fiel endlich der Groschen: wie ist denn der Kontrastumfang wirklich in meiner taucherischen Praxis?!

Natürlich hängt der Kontrast einer zu filmenden Szene stark von den Umgebungsbedingungen ab. Die kalten Süßwasserlöcher, in denen ich häufig filme, sind schon harte Nüsse: mieses Licht, viele Schwebstoffe und Grünalgen, die die Sicht trüben und viel Streulicht verursachen. Wahrlich kein Spaß für die automatische Belichtungssteuerungen der Videokameras, die ja eigentlich für knackige Bilder über Wasser ausgelegt sind.

Anlässlich eines Tauchgangs habe ich kurzerhand die GoPro HD Hero 3 Black Edition vorne quasi als Sucher auf das Ikelite Tauchgehäuse für meine Canon HF G30 gepflanzt. Dann habe ich die gleiche Szene zur gleichen Zeit sowohl mit der GoPro HD Hero 3 als auch mit der Canon HF G30 gefilmt. Die HD Hero 3 filmte hierbei mit Protune in 2.7K/25p im typischen Ganzschönbreitwinkel, die HF G30 stattdessen im mittleren Zoom bei 1080p/25p.

Kontrastkompressor Protune




Die Abbildung oben zeigt insgesamt das Bild der HD Hero 3, allerdings sinnvollerweise nach der Nachbearbeitung. Originales Protune-Material sieht bekanntlich wenig ansehnlich aus. Wichtig ist hier aber das linke obere Histogramm. Wichtig: das Histogramm zeigt die ursprüngliche Helligkeitsverteilung im unbearbeiteten Protune-Ausgangsmaterial. Es gibt damit Auskunft, welche Informationen im Ausgangsvideo überhaupt vorhanden sind.

Und dieses Histogramm ist leider wenig erfreulich. Die automatische Steuerung der GoPro HD Hero 3 sorgt zwar für eine passable Belichtung, jedoch ist der Kontrast nicht gerade berauschend. Zu allem Überfluss landet der tatsächliche Kontrastbereich nämlich dummerweise just fast in der Mitte ... also genau dem Bereich, in dem die Tonwertkurve bei Protune am steilsten und damit am wenigsten feinauflösend ist. Die feinauflösenderen Endbereiche werden überhaupt gar nicht benutzt.

Das bedeutet, dass uns beim Filmen in schwierigen Gewässern hier Protune sogar ein Bein stellt. Es geht uns Kontrastumfang verloren, den wir für die Nachbearbeitung benötigen. Es wäre also bei meinen Umgebungsbedingungen besser, ohne Protune zu filmen ... wenn da nicht der kaputte automatische Weißabgleich wäre. GoPro verschenkt hier also Bildqualität. Aber wen interessieren bei GoPro schon Taucher? Warum baut man dort sonst eine Kamera mit thermischen Problemen in tropischen Gewässern, die zudem gerne beschlägt? Egal.

Protune läuft also immer dann zu besserer Leistung auf, wenn die zu filmende Szene gut beleuchtet und bereits über deutliche Kontraste verfügt. Dann rettet es mit Kompromissen einen erweiterten Kontrastbereich bis in den Post hinüber. Sobald der Kontrast schlecht ist, stört Protune hingegen.

Kontrastkanönchen?


Jetzt muss zum Vergleich die Canon HF G30 dran. Aus der gleichen Position heraus filmt sie in 1080p das rechts oben verkleinert dargestellte Bild. Aalfred landet dabei formatfüllend auf dem Videoteller. Auch hier habe ich das Bild zuvor leicht nachbearbeitet. Dazu habe ich den Kontrast auch hier angehoben und den leichten Grünstich entfernt.

Zum Vergleich befindet sich daneben das rechte obere Histogramm. Es zeigt die Intensitätsverteilung des von der HF G30 aufgenommenen Videomaterials. Die Belichtungsautomatik schlägt sich wacker, wenn auch hier ebenfalls nicht gerade berauschend. Allerdings nutzt die HF G30 den verfügbaren Kontrastumfang etwas besser als die HD Hero 3 aus. Aber insbesondere fehlt hier die GoPro-eigene Kompression der Tonwertkurve, so dass der effektive Kontrastumfang im Vergleich besser ist. Das merkt man spätestens bei der Nachbearbeitung, die hier feinere Abstufungen überleben lässt, während bei der Protune-Nachbearbeitung das deutlich stärkere Spreitzen eben auch gröbere Helligkeitsverläufe verursacht.

Zum Abschluss gibt es Aalfred unten noch im Original, wie ihn der optische Zoom der Canon HF G30 heran holt. Mit ihrem optischen 20× Zoom ist die Canon HF G30 natürlich nicht mit einer HD Hero 3 und 3+ zu vergleichen.


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